SALZBURGER VOLKSBLATT
FREITAG, 23.  FEBRUAR 1973
Dr. Walter Zeleny

 

KUNST und KULTUR
 

Bilder eines Elfjährigen
 
 

LUIGI  LA SPERANZA IM WIENER KÜNSTLERHAUS
 
 

Wenn es wahr ist, heißt der junge Künstler, von dem derzeit im Wiener Künstlerhaus eine große Zahl von Farbtusche-Zeichnungen zu sehen ist, wirklich La Speranza, und Luigi, obwohl angeblich ein Wiener Kind, elf Jahre alt. Ausgerechnet Speranza — Hoffnung. Wenn alle diese Bilder von ihm gemacht sind, von ihm allein, darf man ja wirklich hoffen! Die meisten Objekte sind unverkäuflich, wo ein Preis angegeben ist, beträgt er 4500 oder 5000 Schilling.
Von den Bildern gewisser „erwachsener" Moderner unterscheiden sich Luigis Blätter durch die Fülle an Einfällen, durch die unbegrenzte, man möchte sagen: hemmungslose Phantasie, die die Fläche zum Bersten füllt, Randfiguren sind einfach abgeschnitten. Glühende Farben herrschen vor, Violett, Blau, Rot, Grün - alles leuchtet. Fabelwesen drängen nebeneinander, übereinander, durcheinander. Schön? Dieses Epitheton paßt nicht, das beweist seine einmalige Anwendung: “Apfelbrückenbaum mit gelber schönen Dame". Diese gelbe "Dame" könnte irgendein Wurzelgeist, eine Dämmerhexe,  jedenfalls nichts wirklich Menschliches sein, und das Umgebende ist ebenfalls nichts derartiges verzerrtes, phantastisches Getier treibt auf diesen Bildern ein unheimliches Wesen, vielmehr Unwesen.
Erschreckend das Bild „ Fleisch und Knochen“ — obwohl nicht naturalistisch, so doch voll des Negativen. Überraschend einige Tuschzeichnungen mit exakten Linien. Jedoch, und; hier seien Bedenken erhoben, äußert sich nicht eine Bedrückung, die einem Psychoanalytiker zu rätseln gäbe? Die Ausstellung umfaßt Blätter vom 7. zum 11. Lebensjahr — da geht wohl viel durch Herz und Hirn eines Werdenden.
 

Dr. Walter Zeleny


 



 

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